In der Partnerschaft messen wir gelegentlich mit zweierlei Maß.
Manchmal idealisieren wir unsere*n Partner*in. (Was Vor- und Nachteile haben kann. )
Gerade in längeren Partnerschaften ist eher das Gegenteil der Fall.
Insbesondere auch, wenn Kinder da und Ressourcen knapp sind.
Dann haben wir die Tendenz, Rückschlüsse auf (negative) Eigenschaften zu ziehen, wenn der Mensch, mit dem wir leben, etwas tut oder nicht tut. Etwas das uns stört. Während wir bei uns selbst durchaus die Gesamtsituation miteinbeziehen.
Zum Beispiel:
Wenn sie oder er die Spülmaschine nicht ausgeräumt hat, dann aus Faulheit oder Egoismus.
Wenn wir selbst die Spülmaschine nicht ausgeräumt haben, dann weil die Kinder heute viel Begleitung gebraucht haben. Oder die Müdigkeit nach der Arbeit einfach zu groß war.
Stell dir eine klassische Balkenwaage vor.
Mit einem waagerechten Balken. An dem zwei Waagschalen aufgehängt sind.
Eine Waagschale für dich.
Und eine für deine*n Partner*in.
Und du prüfst damit, ob alles mit rechten Dingen zugeht.
Auf deine Seite der Waage legst du deine guten Gründe ("Situationsdeterminanten").
Die du bei der Bewertung für dein eigenes Verhalten sinnvollerweise berücksichtigst.
Sie liegen dort, wie ein Knäuel aus Federn.
Auf die Seite für deine*n Partner*in legst du die schweren Brocken: Den Egoismus. Die Oberflächlichkeit. Den Geiz. Die Faulheit. Die Gemeinheit. Und so weiter.
Nur: gute Gründe hat jeder für sein Verhalten.
Wir sehen sie nicht.
Und dadurch entsteht eine ordentliche Schieflage.
Und diese Schieflage wirkt sich gerne darauf aus, wie wir im Alltag miteinander umgehen.
In der Sozialpsychologie wurde dieses Phänomen ausführlich beforscht.
Und wird "Korrespondenzverzerrung" genannt (manchmal auch immer noch "fundamentaler Attributionsfehler"), weil aus einem Verhalten auf eine korrespondierende Eigenschaft geschlossen wird.
Dass uns das passiert, ist normal. Es passiert uns allen. Und dient letztlich unserem Schutz.
Und sind diese Phänomene auch immer wieder Thema in der Paartherapie in meiner Praxis in Darmstadt und in der Online-Praxis. Und gerade in der systemischen Paartherapie geht es immer wieder darum zu schauen, wie wir die Perspektive verändern und neue Betrachtungsweisen finden können.
Es kann hilfreich sein, zu wissen, wie unser Gehirn funktioniert, um gelegentlich auch gegensteuern zu können.
Wenn unsere Partnerschaft ein gemütliches Zuhause bleiben soll. Oder es wieder werden soll.
Literaturhinweis:
K. Jonas, W. Stroebe, & M. Hewstone (Eds.) (2014). Sozialpsychologie. Heidelberg: Springer.
Es gibt Psycholog*innen die bemerkenswerte Forschung machen. Mit Ergebnissen die wunderbar brauchbar sind. Für die grasgrünen, die sandig-weichen, die eisglatten - oder die spitzsteinigen Abschnitte des Lebens. Aus Studienergebnissen, die ich für meine Paarberatung und -therapie nutze, forme ich kurze Texte. Das ist meine "Forschungsfeder".
Dies ist das Blog des Halthafens.
Meine Texte ergeben sich aus der Beschäftigung mit psychologischer und systemischer Literatur und Forschung, meinen Erfahrungen in der Paartherapie mit Eltern in meiner Praxis in Darmstadt und der Paarberatung und Paartherapie online sowie aus meinem Leben als Mama von zwei Kindern. Wenn du über neue Texte informiert werden magst, folge mir gerne auf Instagram oder trage dich gern für meinen Newsletter ein.