Aus der Straße der fantastischen Fähigkeiten - Über Gewichtsdiskriminierung und Mobbing gegenüber Kindern und in der Partnerschaft

 

„Wir ziehen uns leuchtende Schutzmäntel an, wenn Andere uns fiese Sprüche vor die Füße werfen“

 

Mobbing aufgrung äußerer Merkmale

Wenn ich eine Erkenntnis aus meiner Arbeit als (Online-) Paartherapeutin herausgreifen sollte, die ich besonders wichtig finde:

Am Ende des Tages wollen wir alle – die Großen und die Kleinen – für die Personen in unserem familiären und sozialen Umfeld wichtig sein und würdevoll behandelt werden.

Illustration aus dem Kinderbuch "Luca und das Flugabzeichen"
Illustration aus dem Kinderbuch "Luca und das Flugabzeichen"

Einen Menschen würdevoll zu behandeln bedeutet, ihn zu sehen, mit all seinen Fähigkeiten und Eigenschaften – und ihn nicht auf äußere Merkmale zu reduzieren. Es bedeutet auch, zu respektieren, dass der Körper eines Menschen ein sehr persönlicher Teil von ihm ist, den es nicht abzuwerten gilt.

Kinder und Erwachsene mit Übergewicht bzw. Mehrgewicht werden immer wieder ausgegrenzt und diskriminiert - wegen ihres Gewichts und ihrer Körperform. Im Klassenzimmer, in Sportvereinen oder Arztpraxen genauso wie am Familientisch oder im Schlafzimmer. Es gibt offene, leichter greifbare Formen von Diskriminierung - und es gibt verdeckte Formen. Bei einem fiesen Spruch wie etwa: „Die dicke Walze da drüben darf nicht in unserer Mannschaft mitspielen!“ erkennen Kinder und Erwachsene sofort, dass es um Ausgrenzung geht und sie spüren auch irgendwie, dass die Wortwahl nicht angebracht ist. In anderen Fällen passiert die Ausgrenzung bzw. Abwertung aber auch auf eine subtilere Art und Weise – oft ganz ohne „Schimpfwörter“, aber mit der Botschaft: „Du bist anders als wir und so wollen wir dich nicht!“ Das ist beispielsweise der Fall, wenn wir ungefragt Ernährungsratschläge geben. Oder wenn sich alle in der Familie beim Essen Nachschlag nehmen dürfen – nur das dicke Familienmitglied nicht. Oder wenn eine Partnerin ihrem Partner ein bestimmtes Kleidungsstück ausreden möchte, weil es den Bauch nicht „ausreichend“ kaschiert.

 

Solche subtilen Formen von Ausgrenzung sind für Kinder und Erwachsene meist besonders schwer zu händeln, weil sie die Botschaft sehr wohl verstehen, jedoch nicht in Worte fassen können, was da eigentlich passiert.

Auch wir Erwachsene grenzen Kinder manchmal aus

Auch Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen (Medizin, Ernährungstherapie, Psychologie und Psychotherapie) diskriminieren (unbewusst) oder erzeugen Schamgefühle, weil sie glauben, das sei eine gute Methode, um zum Abnehmen zu motivieren. Nur: Dies ist keine gute Methode, sondern Gewichts-Stigmatisierung. Und die kann im Herzen richtig wehtun.

Übrigens spielen dabei Vorurteile eine Rolle. Vorurteile haben wir alle. Das ist erst einmal nicht problematisch. Entscheidend ist, wie wir mit unseren Vorurteilen umgehen: Lassen wir unsere Vorurteile unser Verhalten steuern, oder hinterfragen wir uns und bemühen wir uns darum, nicht nach den Vorurteilen zu handeln.

Ein psychologisches Kinderbuch über Mobbing und Gewichtsdiskriminierung

Bevor ich vollständig in meine Praxis für (Online-) Paartherapie und Paarberatung gegangen bin, habe ich viele Jahre in der Darmstädter Kinderklinik mit Kindern und Eltern gearbeitet, die von Gewichtsdiskriminierung betroffen waren. Und auch in der Praxis erlebe ich, dass Paare sich wegen äußerer Merkmale abwerten.

 

Es ist nicht immer leicht, die passenden Worte zu finden, wenn ein Kind von seinem Kummer berichtet, der entsteht, weil Andere signalisieren: "Weil du so aussiehst, gehörst du nicht dazu!"

 

Manchmal helfen Bilder und Figuren aus Büchern, denen es ähnlich geht und die zeigen, wie ein stärkender Umgang mit Diskriminierungserfahrungen aussehen kann.

 

Meine Suche nach geeigneten Kinderbüchern hat mich manchmal frustriert dastehen lassen. Und nun gibt es ein eigenes Buch von mir zu diesem Thema: „Luca und das Flugabzeichen. Ein Kinderfachbuch zu Übergewicht und Mobbing“. Da es in diesem Quartal erscheinen wird, begleiten mich die Themen "Mobbing" und "Gewichtsdiskriminierung" intensiver denn je. Und auch hier im Praxisblog wird es in den kommenden Monaten immer wieder um "Luca und das Flugabzeichen" gehen.

 

Luca ist ein richtiger Superheld. Aus meiner Sicht insbesondere deshalb, weil er seine eigene Art des Fliegens findet. Sein Stil entspricht vielleicht nicht den Vorstellungen aller Held:innen aus der Straße der fantastischen Fähigkeiten, doch zusammen mit Liam fliegt er voller Freude. Und das ist womöglich eines der wichtigsten Dinge, bei denen wir Erwachsenen die Kinder unterstützen können: ihren ganz eigenen Weg zu finden.

 



Erhätlich: "Luca und das Flugabzeichen" kann über den Mabuse-Verlag bestellt werden oder überall, wo es Bücher gibt.

 

Luca und das Flugabzeichen

Ein Kinderfachbuch zu Übergewicht und Mobbing

Julia Schneider / Lena Walter

 

Die Kinder aus der Straße der fantastischen Fähigkeiten haben Superkräfte, wie Luca, der graue Dinge in bunte Leckereien verwandelt. Eins hat er mit den anderen Kindern gemeinsam: Er kann fliegen.
Heute ist das Flugfest in der Straße. Luca freut sich nicht darauf, denn alle anderen Kinder fliegen besser als er. Liegt das daran, dass sie viel dünner sind? Als sie zum gemeinsamen Showfliegen abheben, ruft Emil plötzlich: „Du bist zu schwer und zu langsam, oller Bruchpilot!“
An diesem Tag verliert Luca seine Superkräfte. Doch zum Glück helfen ihm Liam und Zoe, sie wiederzufinden. Dabei entdeckt Luca, dass man fürs Fliegen vor allem eines braucht: den Glauben an sich selbst.
Die Geschichte von Luca regt dazu an, sich mit der Stigmatisierung von übergewichtigen Kindern auseinanderzusetzen. Der Mitmachteil enthält stärkende Übungen bei Mobbing sowie Ideen für eine würdevolle, spielerische Förderung von gesunder Ernährung und Bewegung. Im Fachteil erfahren Bezugspersonen und Fachkräfte Hintergründe zu psychosozialen Aspekten von Übergewicht/Adipositas und wie betroffene Kinder angemessen begleitet werden können. Für Kinder ab 6 Jahren.


Dies ist das Blog des Halthafens von Julia Schneider, Psychologin und Mutter von zwei Kindern.

 

Meine Texte ergeben sich aus der Beschäftigung mit psychologischer und systemischer Literatur und Forschung, meinen Erfahrungen in der Paartherapie mit Eltern in meiner Praxis in Darmstadt und der Paarberatung und Paartherapie online sowie aus meinem Leben als Mama von zwei Kindern. Aus meiner Arbeit heraus entwickele ich außerdem psychologische Kinderbücher. Wenn du über neue Texte informiert werden magst, folge mir gerne auf Instagram oder trage dich gern für meinen Newsletter ein.