Dunkelheit, Stille und Sternpunkte. Zwei Planeten fliegen auf ihrer Bahn nebeneinander durchs All. Sie sind nicht weit voneinander entfernt... aber sie begegnen sich nie.
In der (Online-) Paartherapie sprechen Eltern über ihre Einsamkeit
Viele Partner*innen in meiner Praxis für (Online-) Paartherapie erzählen von der Einsamkeit zu zweit.
Für uns Menschen gehört eine Erfahrung zu den schwierigsten Erfahrungen überhaupt: einer Person, die uns etwas bedeutet, physisch nah zu sein und sie nicht zu erreichen. Wenn wir umgeben von Menschen sind, aber mit diesen nicht teilen können, was wirklich in uns vorgeht, dann sind wir einsam.
Wenn wir Einsamkeit in der Partnerschaft als dauerhaften Zustand haben, leiden wir besonders, denn gerade unserem Partner bzw. unserer Partnerin wollen wir nah sein.
Für eine glückliche Partnerschaft braucht es Nähe
Um glücklich in einer Beziehung zu sein, reicht es nicht aus, miteinander unter einem Dach zu leben, gleichzeitig am Tisch zu sitzen oder das Bett zu teilen. Wir brauchen mehr. Wir brauchen Rückmeldung dazu, dass es relevant ist, dass wir da sind; dass der andere Mensch Interesse an uns hat. Wir brauchen die Gewissheit, dass jemand für uns da ist, wenn es "drauf ankommt". Und, dass unser Partner oder unsere Partnerin genau wie wir etwas investiert, um Schieflagen (die in jeder Beziehung entstehen) zu reparieren. Um in diesen Bereichen Erfahrungen miteinander machen zu können, brauchen wir die weichen Seiten von uns als Menschen - und das gilt für alle Menschen, unabhängig vom biologischen Geschlecht oder der Geschlechtsidentität. Die weiche Seite suchen wir in den Gesichtern unserer Lieblingsmenschen. Es spielt eine Rolle, was wir sehen, wenn wir einander in die Augen schauen: Sehen wir Offenheit und Wohlwollen - oder sehen wir eine Mauer?
Partner*innen entwickeln manchmal miteinander Muster, die es ihnen kaum noch erlauben, sich zu öffnen. Die Erfahrung, dass es besser ist, die Dinge "allein mit sich selbst auszumachen" und nicht allzu viel vom eigenen Innenleben zu teilen, kann dabei gleichermaßen Ursache wie Folge sein.
Die Einsamkeit in der Beziehung kennen viele Paare - phasenweise oder dauerhaft
Es kann verschiedene Gründe dafür geben, dass Paare in einer Beziehung (noch) nicht offen miteinander umgehen können.
Belastende Erfahrungen aus der Kindheit können eine Rolle spielen - genauso wie Erfahrungen aus früheren Partnerschaften oder auch aus der Schule oder dem Beruf. Und auch die Erfahrungen, die wir mit eben diesem Partner bzw. dieser Partnerin gemacht haben, können eine Rolle spielen: Unverarbeiteter bedauerlicher Streit oder Situationen in denen sich eine Person im Stich gelassen gefühlt hat.
Wenn ihr als Paar bemerkt, dass die Einsamkeit nicht nur hin und wieder zu Besuch kommt, sondern ein Dauerzustand in eurer Beziehung geworden ist, dann ist das kein Grund, die Segel zu streichen - geschweige denn, zu glauben, ihr seid beziehungsunfähig. Paare können ihre Muster erkennen und beeinflussen lernen. Der erste Schritt ist, sich dieses Befinden einzugestehen. Das ist nicht gerade angenehm - aber notwendig, um dann auch sagen zu können: "So will ich es nicht mehr - wir brauchen einen neuen Weg!"
In der (Online-) Paartherapie lernen, die Mauern abzubauen
Die gute Nachricht: Inzwischen gibt es umfangreiche Forschung und Modelle dazu, wie Distanz, Kälte und (der stille) Streit in Liebesbeziehungen entstehen - und was eine haltgebende Beziehung zwischen Erwachsenen ausmacht.
Partner*innen sich gegenüber einander (wieder) öffnen können, braucht es manchmal Hilfe von außen. In der Paartherapie unterstützen die Therapeut*innen dabei, dass ein Paar einen neuen Umgang miteinander entwickeln kann. Ein Umgang, der es Partner*innen nach und nach ermöglicht, die Schutzmauern abzubauen und gute Erfahrungen miteinander zu machen.
Übrigens: wenn wir abschließend noch einmal zurückkehren zu den Planeten... Wenn wir uns z.B. mit den Kindern im Wohnzimmer in Planeten verwandeln und nebeneinander durchs All fliegen, können das unter Umständen sehr verbindende Momente sein. Ob es Sinn macht, als Planeten durch die Gegend zu fliegen, lässt sich also nicht pauschal beantworten. Kommt ganz drauf an!
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Dies ist das Blog der psychologischen Praxis von Julia Schneider, Psychologin, (Online-) Paartherapeutin.
Meine Texte ergeben sich aus der Beschäftigung mit psychologischer und systemischer Literatur und Forschung, meinen Erfahrungen in der Paartherapie mit Eltern in meiner Praxis in Darmstadt und der Paarberatung und Paartherapie online sowie aus meinem Leben als Mama von zwei Kindern. Aus meiner Arbeit heraus entwickele ich außerdem psychologische Kinderbücher. Wenn du über neue Texte informiert werden magst, folge mir gerne auf Instagram oder trage dich für meinen Newsletter ein.